Simon, der mit seinem Vater schon ein paar Skitouren gemacht hat, meint: »Es ist echt hart, wie viel Landschaft durch so ein Riesen-Skigebiet verschandelt wird.« Er ergänzt einen Aspekt, den man bei einem Sechzehnjährigen nicht unbedingt erwartet. »Außerdem hat man beim Tourengehen abseits von Skipisten viel mehr Ruhe.« Sein Freund Jakob findet es »krass, wie rücksichtlos die Skiindustrie mit der Natur umgeht.« Für ihn, der einige Snowboard-Erfahrung hat, ist es heute allerdings die erste Ski- oder besser gesagt Splitboardtour.
Splitboards: eine Erfindung aus Bayern
Was kaum einer weiß: Die ersten Splitboards wurden nicht in Amerika, sondern 1989 in Bayern erfunden. Stefan Schiele und Werner Früh zerlegten damals ein Brett der Länge nach in drei Teile. Die Streifen versahen sie mit einer Kante und einer Bindung. Dann tüftelten die beiden so lange weiter, bis man aus den Teilen mit wenigen Handgriffen wieder ein abfahrtstaugliches Snowboard montieren konnte. Es funktionierte.
Leider schmolzen die Hoffnungen auf eine serienmäßige Produktion schnell dahin, da Materialien und Technik noch nicht ausgereift waren. Fünf Jahre später brachte die Firma Voilé aus Salt Lake City Splitboards zur Marktreife und setzte zugleich den Standard für ein funktionierendes Verbindungssystem. Dieses sollte am Gipfel möglichst leicht umzubauen und auch bei Vereisung montierbar sein. Vor allem aber muss es die beiden Teile so stabil miteinander zu verbinden, dass das Board beim Abfahren eine gute Spannung besitzt.

Ursprünglich wurden neben zweiteiligen auch drei- und sogar vierteilige Boards entwickelt. Durchgesetzt haben sich wegen des einfachen Zusammenbaus und der besseren Stabilität die Zweiteiligen. Ihr einziger Nachteil besteht darin, dass aufgrund ihrer Breite der Aufstieg in einer gefrorenen und schmaleren Skitourenspur recht anstrengend sein kann. In diesem Fall sind auch bei Splitboards Harscheisen unverzichtbar.
Surfen im Harsch
Wegen eines Harschdeckels kämen auch Simon und Jakob ohne die Eisenzähne wohl kaum von der Stelle. So aber stemmen sie sich tapfer gegen den zunehmenden Wind. Am knapp 2900 Meter hohen Wissgrätli hat Jakob aber die Nase voll. Auch Simon ist über den Abbruch nicht unglücklich. Bereits am Vorabend hatten die Freunde das Umbauen der Bindung geübt. Bei diesem Sauwetter erweist sich das als gute Entscheidung. Nach nicht mal zehn Minuten sind die Teenager bereit für die Abfahrt.
Wie aber kommen sie mit den tückischen Verhältnissen zurecht? Schon nach dem ersten Hang grinst Simon: »Splitboards sind viel cooler! Man carvt durch den Bruchharsch, als wäre es einfach nur schlechter Schnee.« Nach einer erstaunlich guten Abfahrt ist er vollends begeistert. »Ich mag die Bewegung. Im freien Gelände hat das Boarden fast was vom Surfen.« Auch Jakob, den der Aufstieg ziemlich gefordert hat, findet im Nachhinein »die Kombination von Snowboard und Skitour einfach cool.« Er fügt hinzu: »Ein eigenes Splitboard wäre der absolute Traum.«
Und wenn dieser nicht in Erfüllung geht? Angeblich soll man Splitboards ja selbst bauen können, indem man ein Snowboard in der Mitte durchsägt, die Schnittkanten abdichtet und ein Montagekit für die Verbindung montiert. Deren Funktionstüchtigkeit sollte dann man aber besser nicht erst am Gipfel testen.

Text: Michael Pröttel
Michael, der seinen Sohn und dessen Freund auf Tour begleitete, muss zugeben, dass die Kids im Bruchharsch ein deutlich besseres Bild abgaben als er mit seinen Tourenski.