BERGSTEIGER Special Tessin - page 5

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inTagspät imHerbst.Azurblauder
HimmelüberderLeventina,golden
leuchtende Lärchen– und kein
Verkehr. AmWeg hinauf zum St.
Gotthardbloß einhalbesDutzend
Autos.Es istkalt,daunddortglitzertEiszwi-
schendenFelsen.DieStraße:einMonument
ausweißemBeton, indenHanggeklotzt.Sie
stammt aus den1960er-Jahren, als Benzin-
kutschennochabsoluteVorfahrt genossen,
und das siehtman auch.Was für einKon-
trast sinddazudie24Serpentinenderalten
Tremolastraßemit ihremKopfsteinpflaster
ausGranit. IhrAnblick ist einErlebnis.Wie
eineSchlangewindetsiesichdurchdenGra-
ben, schmiegt sich ans Gelände. Bald 200
Jahre alt ist sie, doch verglichenmit ihrem
Charme sieht diemoderne, in einerGalerie
verlaufendeStraßerichtigaltaus.
DasHerz der Schweiz
BeiRadlernstehtdieTremolahoch imKurs,
undwenndieTour de Suisseüber denPass
fährt, herrscht oben Feststimmung. Heute
ist es ruhig,nein: still.DasHospiz samtMu-
seumhat zwarnochauf, aber keinMensch
weit undbreit. Eine steife Brise pfeift über
das Geländemit seinen Seeaugenund den
rundgeschliffenenGranitbuckeln.
Der Gotthard: eine der wichtigsten Nord-
Süd-Verbindungen über die Alpen. Zu
Stein gewordenes Symbol des eidgenös-
sischen Selbstverständnisses, das in Tells
Blattschusswurzelt, auf einem (fast) uner-
schütterlichen Glauben an Eigenständig-
keit basiert, in der Abwehr des Fremden
und jeder Fremdbestimmung. Nicht Bern,
dieLandeshauptstadt,oderZürichalsWirt-
schaftszentrum, auchnicht jeneWiese
Fotos: Eugen E. Hüsler, visualimpact.ch / Stefan Schlumpf
In24Kehrenwindetsich
diealteTremolastraße
diePasshöhehinauf.
SpecialTessin
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