KLETTERN

Klettergurt: Wie binde ich mich richtig ein?

Eine Frage beschäftigt Kletterer seit Erfindung des Gurtes: Wie und wo verbindet man Seil und Klettergurt sicher und zugleich einfach? Welche Einbindemethode wofür geeignet ist, erklären wir hier.

Kletterer in einer Steilwand
Knotenpunkt - welche Einbindemethode am Klettergurt eignet sich in welcher Situation?© Adobe Stock/vitaliymateha

Kletterer kennen solche Fragen von Freunden, die mit dem Klettern anfangen wollen. Sie drehen sich meistens um die Sicherungstechnik. "Wie soll ich mich einbinden?", "Wo muss ich durchfädeln?" – Das sind wohl die meistgestellten.

Bei deren Beantwortung stellt sich dann schnell die Frage, ob es besser wäre, sich parallel zur Anseilschlaufe einzubinden, durch sie hindurch oder gleich in Karabiner, weil das eigentlich viel zeitsparender wäre. 

Nicht nur bei den Anseiltechniken "Doppelter Bulin" oder "Achterknoten" scheiden sich die Geister. Auch beim Einbindepunkt gibt es Meinungsverschiedenheiten. Wir erklären die Vor- und Nachteile von direktem (= in den Gurt) und indirektem (= in Karabiner am Gurt) Einbinden. 

Einbinden am Klettergurt: Was ist sicherer?

Die Lehrmeinung des Deutschen Alpenvereins zum Einbinden in den Sitzgurt sagt, dass es sicherheitstechnisch irrelevant sei, ob man sich in die Anseilschlaufe oder parallel zu ihr einbindet. Beide Varianten sind grundsätzlich sicher. In Sachen Reißfestigkeit ist das auf jeden Fall korrekt.

Anders verhält es sich aber mit der Wahl des Anseilpunktes in Sachen Gefahr desHintenüberkippens. Da macht es nämlich schon einen Unterschied, ob man sich direkt parallel zur Anseilschlaufe (also durch Hüft- und Beingurt­öse) oder direkt in die Anseilschlaufe selbst einbindet. 

Indirektes Einbinden über Karabiner stellt immer ein Sicherheitsrisiko dar, denn man bringt zusätzliche Teile in die Sicherungskette, die wiederum versagen könnten.

Klettergurteinstieg: Toprope oder Vorstieg

Daher eignet sich indirektes Einbinden per Karabiner mit der Gefahr von Querbelastungen und Karabinerbrüchen ausschließlich fürs Toprope-Klettern – unter folgender Voraussetzung: Unerlässlich ist die Verwendung von zwei gegenläufig eingehängten, gesicherten Verschlusskarabinern.

Allerdings könnte man auch nur einen Schnapp- und einen Verschlusskarabiner verwenden. Grundsätzlich empfiehlt der DAV auch im Toprope direktes Einbinden – allein schon zu Übungs- und Routinezwecken. 

Nur fürs Toprope-Klettern: indirektes Einbinden in zwei gegenläufige Schrauber​.
Nur fürs Toprope-Klettern: indirektes Einbinden in zwei gegenläufige Schrauber​. © Foto: Andreas Erkens

Verschiedene Anseilpunkte beim Klettern

Der Unterschied zwischen direktem Einbinden parallel zur Anseilschlaufe und direktem Einbinden in die Anseilschlaufe zeigt sich hauptsächlich in der Lage des Anseilpunktes.

Beim Einbinden in die Anseilschlaufe liegt er horizontal weiter vom Körper weg und vertikal tiefer unter dem Körperschwerpunkt als bei der parallelen Variante. Daher kann es bei einem Vorstiegssturz leichter zu einem Hintenüberkippen kommen.

Im Falle eines Sturzes greift die Kraft des Fangstoßes zunächst am Anseilpunkt an. Je größer dessen Abstand vom Körperschwerpunkt (horizontal nach vorn oder vertikal nach unten) ist, desto größer ist der entstehende Drehimpuls. Der ist somit auch abhängig von der Länge der Anseilschlaufe (horizontaler Abstand).

Zusätzlich sollte der Anseilknoten so kurz wie möglich an den Gurt gebunden werden. Wer sich direkt in Hüftgurt- und Beinschlaufenöse einbindet, wählt einen etwas höheren Anseilpunkt, also näher am Körperschwerpunkt und weniger kippelig.

Von Vorteil ist diese Methode auch beim Ausbouldern schwieriger Einzelstellen: Man kann sich näher an Zwischensicherungen ziehen und mehr Seil hochziehen, weil der Anseilknoten näher am Körper sitzt. 

Gut zu erkennen: Hier wurde sich direkt in den Anseilschlaufe eigebunden.
Gut zu erkennen: Hier wurde sich direkt in den Anseilschlaufe eigebunden. © Foto: A. Erkens

Bei einem Vorstiegssturz sitzt der in die Anseilschlaufe gebundene doppelte Achter (oben) tiefer und weiter entfernt vom Körperschwerpunkt – die Gefahr des Kippens ist also größer. Unbetroffen ist die Gewichtsverteilung auf Hüft- und Beinschlaufen. Lediglich der Anseilpunkt wandert dadurch leicht nach unten; eine lange Anseilschlaufe verstärkt diesen Aspekt noch.​

Parallel zur Anseilschlauf: Hier wird durch Hüft- und Beingurt­öse eingebunden.
Parallel zur Anseilschlauf: Hier wird durch Hüft- und Beingurt­öse eingebunden.© Foto: A. Erkens

Klettern: Gurtpflicht je nach Körperbau

Wer einen ungünstigen Körperbau besitzt (= höherer Körperschwerpunkt; Übergewichtige und Kinder), sollte sich per Hüft- und Brustgurt einbinden. Denn beim Kopfüberhängen und alleiniger Hüftgurt-Verwendung könnte man sonst aus dem Gurt rutschen.

Auch mit schwerem Rucksack empfiehlt der DAV die Verwendung von Hüft- und Brustgurt, um Kopfüberstürze zu vermeiden

Fehler 1: Anseilen durch Anseilschlaufe

Anseilen durch Anseilschlaufe und Hüftgurtöse birgt mehr Gefahr als Redundanz. Denn im Falle eines Sturzes erhält das Hüftgurtband Zug vor den Beinschlaufen und rutscht nach oben; dies hat in einigen Fällen schon zu Rippenbrüchen geführt.

Bei einem Sturz kann das Anseilen durch Anseilschlaufe und Hüftgurtband zu Rippenbrüchen führen.
Bei einem Sturz kann das Anseilen durch Anseilschlaufe und Hüftgurtband zu Rippenbrüchen führen.© Foto: A. Erkens

Fehler 2: Zu langer Anseilknoten

Ist der Anseilknoten zu lang, entstehen zwei Probleme: Erstens steigt die Gefahr des Hängenbleibens oder Falscheinhängens (z. B. des Seil-Überstands) im Vorstieg. Und zweitens kann er bei Sturz oder unter Zug gefährlich nahe Richtung Augen und Gesicht schlagen.

Ein zu langer Anseilknoten erhöht die Gefahr, hängenzubleiben und kann in Augen und Gesicht schlagen.
Ein zu langer Anseilknoten erhöht die Gefahr, hängenzubleiben und kann in Augen und Gesicht schlagen. © Foto: A. Erkens

Einbinden in den Klettergurt: Fazit und Tipps

Beide direkte Einbindemethoden verbinden zwar Seil und Gurt sicher, aber sinnvoller ist das Einbinden parallel zur Anseilschlaufe: Es schützt gegen Hintenüberkippen und ist besser beim Ausbouldern schwieriger Routen. Selbst die perfekte Anseiltechnik ersetzt aber nicht den gründlichen Partnercheck.