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Unterschätzte Gefahren im Winter

Lawinen, die größte Gefahr für Skitourengeher und Wintersportler? Nicht unbedingt. Bei tödlichen Unfällen bleiben Lawinen zwar eine der Hauptursachen, doch spielen Sturz, Absturz, Erschöpfung, Orientierungslosigkeit, Wetterumschwünge oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine ebenso große Rolle. Der Verband Deutscher Berg- und Skiführer (VDBS) gibt Tipps, wie man ihnen begegnet.
Aktualisiert am
08.12.2025

Kälte, wenig Schnee und oft schlechte Sicht sind unterschätze Gefahren auf Skitour.

Foto von  VDBS/Christian Penning

Florian Hellberg, VDBS
Foto von VDBS/Christian Penning

Extrem kalt ist es an diesem Dezembertag am Stubaier Gletscher, dazu sehr schlechte Sicht und noch relativ wenig Schnee. Gerade so viel, dass viele Steine und Felsen nur unzureichend mit Schnee bedeckt sind und gefährlich unter der dünnen Schneedecke lauern. „Sicher kein besonders schöner Tag für eine Skitour heute, aber genau so ein Tag, an dem besonders deutlich wird, dass es abgesehen von Lawinen noch ganz andere alpine Gefahren gibt“, sagt Florian Hellberg vom VDBS.

Denn wenn im Winter von alpinen Risiken die Rede ist, denken nämlich viele zuerst an Lawinen. Doch das Unfallgeschehen zeigt: Die größten Gefahren lauern oft woanders. Dass Bergsteigen inzwischen zum Breitensport geworden ist, sich das Freizeitverhalten verändert und der Klimawandel deutliche Auswirkungen zeigt, beeinflusst auch die Risiken am Berg. Sturz, Absturz, Erschöpfung, Orientierungslosigkeit, Wetterumschwünge oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen spielen eine ebenso große Rolle – werden in der Wahrnehmung aber häufig unterschätzt.

Weniger Tote, mehr Verletzte

Vorab: Das Österreichische Kuratorium für alpine Sicherheit (ÖKAS) verfügt auf Basis der Erhebungen der Alpinpolizei über die weltweit älteste Datenbank zum alpinen Unfallgeschehen. Die folgenden Daten beziehen (vom 1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) sich damit zwar nur auf Österreich, dennoch lassen sie sich als Vergleichswert für andere Alpenländer übertragen. Im Betrachtungszeitraum sind bei den typischen Wintersportarten 68 Personen in der österreichischen Bergen tödlich verunglückt: 33 auf Piste/Skiroute, 28 auf Skitour, drei beim Variantenfahren und einige wenige jeweils beim Eisklettern, Langlaufen und Rodeln.

Mit 170 Alpintoten bei den Sommerdisziplinen, etwa beim Wandern, Bergsteigen oder Klettern, bleibt die Zahl also deutlich geringer. Doch ein Blick auf die Gesamtheit aller Verunfallten zeigt ein anderes Bild: Mit rund 5300 Verletzten passierten 23/24 bei den Winterdisziplinen deutlich mehr Unfälle als im Sommer (rund 3200 Verletzte). Die mit Abstand meisten Unfälle mit verletzten Personen ereigneten sich dabei auf der Piste oder Skirouten – wobei hier die Unfallzahlen (4047 Verletzte) vermutlich nur bis zu zehn Prozent der Gesamtheit darstellen dürften. Pistenunfälle werden von der Alpinpolizei nämlich nur aufgenommen, wenn ein Verdacht auf Fremdverschulden, zum Beispiel Kollisionen, besteht.

Gefahren jenseits der Lawine

Mit 28 toten Skitourengehern gibt es zwar fast doppelt so viele wie im Vorjahr (22/23) und deutlich über dem 10-Jahre-Mittel von 22. Doch es lässt sich festhalten, dass 13 Personen aufgrund von Herz-Kreislauf-Störungen starben – acht durch eine Lawine, vier durch Sturz oder Absturz, zwei durch einen Wechtenbruch und einer aufgrund eines Wettersturzes. Das soll keineswegs bedeuten, dass Lawinen kein Gefahrenpotenzial sind – im Gegenteil. Auffallend ist nämlich beispielsweise der Anstieg der Lawinentoten bei ausgegebener Gefahrenstufe zwei (mäßig): Im Gegensatz zum 10-Jahre-Mittel von 25 Prozent starben im Betrachtungszeitraum genau die Hälfte bei mäßiger (2) Lawinengefahrenstufe. Bei Stufe 3 (erheblich) dagegen mit 19 Prozent signifikant weniger als die 53 Prozent im Mittel.

Weniger Schnee – neue Gefahren

Dennoch kommen andere Gefahren hinzu. Da die Winter zunehmend schneeärmer werden, verändern sich die Begebenheiten beim Skitourengehen oder Bergtouren ohne Ski bleiben oft über die gesamte Wintersaison möglich. Menschliche Fehler wie Selbstüberschätzung, mangelnde Fitness und Fehleinschätzung der Gegebenheiten können dann vor allem in der kalten Jahreszeit schnell dramatische Folgen haben.

Betrachtet man die häufigsten tödlichen Unfallursachen über alle Disziplinen im 10-Jahre-Mittel, stehen Herz-Kreislauf-Störungen an erster Stelle (71 Tote). Darüber hinaus gab es, speziell im Betrachtungszeitraum, mit 58 Toten so viele tödliche Absturz-Unfälle wie noch nie zuvor. Summiert man nun die Zahl der tödlich Verunfallten durch Absturz und Sturz/Stolpern/Ausgleiten, dann ist das sogar die alpine Todesursache Nummer 1 in Österreich. Mit 16 Lawinentoten (10-Jahre-Mittel 19) starben gleich viele Menschen, wie durch umstürzende Bäume bei der Forstarbeit.

Gesamtstatistik Alpinunfälle 2024 in Österreich
Foto von ÖKAS

Was jeder tun kann

Schutz- und Sicherheitsausrüstung für eine Skitour
Foto von VDBS/Christian Penning

Generell werden häufig „kleine“ Gefahren wie mangelnde Ausrüstung oder angeschlagene Gesundheit unterschätzt. „Skitouren bei Kälte und kürzere Tage brauchen eine andere Vorbereitung und Ausrüstung. Ein Sturz im vereisten, schneearmen Gelände kann schnell zu schweren Verletzungen wie Brüchen oder Kopftrauma führen“, erklärt Florian Hellberg. Hinzu kommen die niedrigen Temperaturen: „Wer ohne isolierende Kleidung oder Notfallausrüstung wie Biwaksack und Rettungsdecke in eine Notsituation gerät, riskiert eine Unterkühlung, die schnell auch fatal enden kann.“

Die wichtigsten Tipps zur Risikoreduktion:

  1. Um die Risiken bei einer Tour möglichst gering zu halten, sollte sich jeder eingehend vorab über das Wetter, die Verhältnisse, das Gelände und die Menschen, die auf der Tour, dabei sind, informieren und die Tourenplanung entsprechend anpassen.
  2. Notfallkompetenz: Hat jeder seine Lawinen- und sonstige Schutz- und Sicherheitsausrüstung dabei und kann im Ernstfall damit auch umgehen? LVS-Check am Anfang der Tour durchführen.
  3. Reflexion: Ein kurzer Rückblick nach der Tour erweitert die persönlichen Erfahrungen.
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