Sicherheit am Klettersteig: Das musst du beachten!
Sicher am Berg

Sicherheit am Klettersteig: Das musst du beachten!

Auf Klettersteigen ist man durch das Stahlseil gesichert - also kann nichts passieren? Ein Irrglaube! Mit diesen 12 Tipps bist du sicher auf den Via Ferrate unterwegs.

 
Am Klettersteig muss mehr beachtet werden, als nur zwei Karabiner am Stahlseil einzuhängen. © Adobe Stock / lavizzara
Am Klettersteig muss mehr beachtet werden, als nur zwei Karabiner am Stahlseil einzuhängen.
Von den einen werden sie überschätzt, von anderen unterschätzt: Klettersteige sind keine Wanderungen mehr, aber auch keine »richtigen« Klettertouren. Was es für Gefahren auf den Vie ferrate gibt und wie man ihnen am besten aus dem Weg geht, erklären wir hier.
 

1. Vor dem Klettersteig: Tourenplanung

Was hilft, ist das Risiko-Management-Konzept. Anhand der ehrlichen eigenen Einschätzung als Anfänger, Könner oder Experte hast du einen klar umrissenen, kleinen oder eben weiter gefassten, großen Handlungsspielraum. Um eine kompetente Entscheidung zu treffen, musst du dich natürlich an die vorgegebenen Regeln halten, mein Fachwissen, meine Intuition und ein gewisses Maß an Distanz zum eigenen Tun einbringen.


Bevor es überhaupt losgeht, muss die Tour gut geplant werden. Foto: Adobe Stock / VRD
 

2. Regeln und Fachwissen zur Via Ferrata

Zur Auswahl des richtigen Klettersteigs stellt sich die Frage nach der objektiven Schwierigkeit des Steigs. Um diese zu beantworten, gibt es eine grobe Einordnung des Anspruchsniveaus, das in der Literatur einheitlich ist: Es reicht von "wenig schwierig" (A) bis hin zu "extrem schwierig" (F).

Natürlich ist diese Bewertung auch abhängig von den äußeren Einflüssen. So kann zum Beispiel bei Neuschneee ein einfacher Steig wesentlich schwieriger sein.

Auch sollte man überprüfen, ob man unterwegs ausqueren kann, oder nur die Möglichkeit des Umkehrens besteht. Aber nicht nur Jahreszeit und geographische Bedingungen sollten beider Auswahl eine Rolle spielen. Mindestens genauso wichtig ist neben dem technischen auch der konditionelle Anspruch des geplanten Steiges.
 

3. Tourenplanung verifizieren

Haben wir uns bei der Tourenauswahl am Schreibtisch über die technischen, physischen und psychischen Anforderungen eines Klettersteigs richtig informiert und entsprechen diese auch meinen Fähigkeiten und meinem Können und natürlich auch dem aller Gruppenmitglieder (vor allem dem der schwächsten!), solltest du diese Einschätzung vor Ort verifizieren.

Bei einer Risikogemeinschaft - also ohne "echten" Führer - ist es wichtig und im Sinne der eigenen Verantwortung, sich eine Fremdeinschätzung des persönlichen Könnens einzuholen. Diese sollte man dann mit seiner Selbsteinschätzung abgleichen. Das können Freunde und Bekannte durch einen Vergleich mit früheren Touren leisten.

Der Hüttenwirt, Bergschulen vor Ort oder andere Klettersteiggeher können Auskunft über die aktuellen Verhältnisse am geplanten Klettersteig geben. Zusätzlich gilt es, die Wetterentwicklung vor Ort mit der Vorhersage abzugleichen. Erst wenn jetzt nichts mehr gegen einen Aufbruch spricht, kann ich mich auf den Weg machen. Denn eines ist auf Klettersteigen klar: Es gibt unterwegs nur zwei Optionen – hinauf oder hinunter. Ein Ausweichen oder Rasten ist nur in den seltensten Fällen möglich.


Stimmen noch alle Infos? Manchmal wird ein Klettersteig absichtlich schwerer gemacht, wie zum Beispiel der Mahdlgupf-Klettersteig. Foto: Adobe Stock / Birgit Korber
 

4. Klettersteig-Niveau langsam steigern

Wie bei allen Sportarten empfiehlt es sich auch auf Klettersteigen, das Niveau langsam zu steigern. Indem man sich schrittweise vom einfachen in schwierigeres Gelände vorwagt, sammelt man Klettersteig-Erfahrung. Denn die Ausgesetztheit und Höhe anspruchsvollerer Eisenwege kann man wie beim Klettern trainieren.

Wer nach einer langen Pause gleich zu "steil" loslegt, begibt sich vielleicht in eine unangenehme und schließlich gefährliche Situation. Natürlich ist ein gewisses Angstgefühl bei größerer Exponiertheit völlig normal. In wem aber die Angst aufsteigt, bis er völlig paralysiert, handlungsunfähig und panisch ist, hat nicht nur in der Tourenauswahl, sondern auch in der Selbsteinschätzung und -beobachtung versagt.


Der Zimmererben-Klettersteig ist D/E - was auf dem Bildschirm leicht ausschaut, ist dann oftmals schwerer! Foto: Adobe Stock / k5hu
 

5. Einstellungsfrage

Da Klettersteige eine Zwitterstellung zwischen Wandern und Klettern einnehmen, spielt das Selbstverständnis der Begehers eine wichtige Rolle. Anders als beim Klettern kann man hier auch alleine alpine Landschaft genießen ohne auf einen Sicherungspartner angewiesen zu sein.

Für Einsteiger in die vertikale Lustbarkeit wiederum bieten der vorgegebene Weg und die installierten Sicherungselemente die benötigte Sicherheit.

Dabei ist das Festhalten am Stahlseil nicht nur für Anfänger, sondern auch für erfahrene Bergsteiger Pflicht. Denn Stürzen ist hier nicht erlaubt! Auch nicht mit der richtigen Ausrüstung.
 

6. Die richtige Ausrüstung am Klettersteig

Klettersteige an sich sind eine technische Angelegenheit und erfordern die entsprechende Ausrüstung. Nur wer sie richtig anwenden kann, wird die Landschaft genießen und den Steig sicher begehen können. Zur deiner Grundausrüstung als "Ferratisto" zählen daher in jedem Fall Helm, Klettergurt, Klettersteigset und Handschuhe.

Anders als man es vielleicht vom Klettern kennt, ist das Equipment auf Klettersteigen nicht zum Stürzen gedacht: Es soll lediglich den Absturz in den Tod vermeiden – (schwere) Verletzungen sind aber leider bei einem Sturz auf Klettersteigen immer einzukalkulieren.


Helm, Klettergurt und Klettersteigset - die Mindest-Asurüstung für alle Vie Ferrata! Foto: Adobe Stock / k5hu
 

7. Ausrüstung ist nicht alles!

Keine noch so gute Klettersteigausrüstung schützt allerdings vor Verhaltensfehlern. Nur, wer sein Material richtig kennt und anzuwenden weiß, minimiert das Risiko von Fehlern und daraus resultierende Unfälle.

Vor der Tour sollte man also unbedingt einen Selbst- und Partnercheck durchführen. Und so geht’s: Kontrolliere zunächst, ob dein Klettergurt und Helm richtig sitzen und korrekt verschlossen sind. Überprüfe dann, ob das Klettersteigset ordnungsgemäß mit dem Klettergurt verbunden ist und die Karabiner funktionstüchtig sind. Alles gecheckt? Dann kann es jetzt losgehen!
 

8. Kondition, Trittsicherheit und Koordination

Für ungetrübtes Klettersteigvergnügen braucht man neben Ausrüstung und Know-how auch ausreichend Kondition und Trittsicherheit, Kraft in den Armen und Koordination. Modern ausgerüstete Klettersteige entsprechen zwar höchsten Sicherheitsstandards. Dem gegenüber stehen aber Wanderwege, die nur an einzelnen Stellen mit Seilen versichert sind. 

Genau genommen sind diese noch keine Klettersteige, sondern "nur" schwierige Steige – und davon gibt es viele in den Alpen: ausgesetzt, schlecht gesichert und absturzgefährdet. Da die versicherten Stellen nur einen kleinen Teil des Steiges ausmachen, hat man meist auch keine Klettersteigausrüstung dabei. Hier braucht es viel Erfahrung, um abschätzen zu können, ob man dem gewachsen ist, was vor einem liegt.

In den Dolomiten gibt es gar Vie Ferrate, die an einigen Stellen nicht versichert sind und überhaupt nichts mit einem Wanderweg gemeinsam haben. Dort ist man im felsigen Gelände ohne Sicherung richtig gefordert, da der Weiterweg nur durch Steigspuren gekennzeichnet und für Ungeübte nur schwer zu finden sowie zu begehen ist.


Ein Steig in den Dolomiten: Alpiner Weg oder Klettersteig? Solche Stellen sind oftmals nicht versichert. Foto: Adobe Stock / Johannes 86
 

9. Vorsicht vor Steinschlag!

Da man auf Klettersteigen fast nie alleine unterwegs ist, kann Steinschlag selten ausgeschlossen werden. Ein Helm ist also lebenswichtig und gehört deshalb unbedingt schon beim Zustieg auf den Kopf!

In Sachen Steinschlag gilt der kategorische Imperativ: "Was Du nicht willst, das man Dir tu’, füg’ auch keinem anderen zu." Im Klartext: Eigene Achtsamkeit, sauberes und gezieltes Steigen und entsprechende Umsicht gelten für die Fortbewegung auf Klettersteigen – eben so, wie man es sich von seinen Vorausgängern auch wünscht.
 

10. Regen und Gewitter am Klettersteig

Wie bei jeder alpinen Tätigkeit hat das Wetter einen wesentlichen Einfluss auf Gelingen und Sicherheit einer Tour. Allein das Einsetzen von Regen macht einen Klettersteig sehr viel schwieriger begehbar, denn die Temperaturen sinken, durch die Nässe nimmt die Reibung am Fels stark ab. Die Folge ist schlechter Halt der Hände am Stahlseil und Ausrutschen der Füße auf den Tritten. Das zehrt an den Kraftreserven!

Sehr gefährlich wird es bei Gewitter! Der mit Stahl präparierte Klettersteig fungiert wie ein Blitzableiter. Wegen der Absturzgefahr kann man es sich aber nicht leisten, sich nicht am Stahlseil zu sichern. So hängt man an diesem "Blitzableiterklettersteig" fest. Hier kann nur im Vorfeld durch eine gute Tourenplanung mit einer konsequenten Durchführung agiert werden. Bei Gewittervorhersagen erst gar nicht einsteigen und eine Alternative wählen. Während einer Tour die Bildung von Quellwolken beobachten und eventuell frühzeitig umkehren.


Während eines Gewitters möchte man lieber nicht an einem riesigen Blitzableiter sein... Foto: Adobe Stock / EKH-Pictures
 

11. Vom Gewitter überrascht

Falls trotz bestgemeinter Tourenplanung etwas wider Erwarten schief geht, und du von schlechtem Wetter am Klettersteig überrascht wirst, gibt es meist nur zwei Wege: nach oben oder nach unten!

Das hängt davon ab, wieviel Wegstrecke man schon zurückgelegt hat. Auf jeden Fall empfiehlt es sich, in dieser Stresssituation ruhig zu bleiben, sich zu konzentrieren und auf die Sicherheit zu fokussieren. Stets gesichert bleiben, langsam und gezielt steigen und greifen.

Vielleicht findet man auch einen "sicherern Ort" im Klettersteig, an dem man vor Kurzem erst vorbeigekommen ist: etwas weniger exponiert, einen Platz zum Unterstellen oder Hinsetzen, an dem man das schlimmste Wetter aussitzen kann.
 

12. Rückmeldekultur

Notsituationen auf Klettersteigen sind Erfahrungen, die man niemanden wünscht. Wenn sie dann mit einem brenzligen Beigeschmack glimpflich ausgegangen sind und im Nachgang auf der Hütte oder Heimfahrt gut reflektiert werden, zählen sie zum reichen Erfahrungsschatz, der bei der nächsten Tourenplanung (hoffentlich) eine positive Auswirkung hat.  

 
Pauli Trenkwalder und Jan Mersch
 
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