Faszination Winterwandern | BERGSTEIGER Magazin
21 Top-Winterwanderziele in den Bayerischen Alpen und in Tirol

Faszination Winterwandern

Aufs Wandern verzichten, weil Winter ist? Nein, auch wer sich nicht zu den Skibergsteigern zählt, kann jetzt aufbrechen in die winterliche Bergwelt! Unsere Touren-Experten haben ihre Lieblingstouren in den Bayerischen Alpen für Sie zusammengestellt, damit es auch Sie packen kann – das Winterwanderfieber!

 

Gemütlich und abwechslungsreich – zur Bodenalm

Ein bezaubernder Ort. Auch – oder vielleicht gerade, weil es manchmal den Anschein hat, als sagten sich hier Fuchs und Has’ »Gut’ Nacht«: Prägraten am Großvenediger ist eines der hinreißendsten Bergdörfer ganz Ost- und Nordtirols und liegt im herrlichen Virgental, das von Matrei in Osttirol gen Westen verläuft. Seine Ruhe und gewaltigen Berge locken mich immer wieder über den Felbertauern – sogar im Winter! Denn für Wanderer hat die Gegend auch dann einiges zu bieten. Mein Favorit ist die Tour zur Bodenalm, weil ich hier noch unverfälschte Kultur und Landschaft genießen kann. Sind es anfangs noch die alten Holzhäuser, an denen ich mich kaum sattsehen kann, folgt bald der gemütliche Aufstieg durch lichten stillen Winterwald: Die Sicht wird frei und mein Blick schweift hinüber zum markanten Berger Kogel, dem Hausberg Prägratens. Besonders romantisch ist das letzte Wegstück meiner Wanderung, auf dem man meist nur einem angetretenen Pfad folgt – umgeben von Einsamkeit und ursprünglicher Natur. Ich kann mir keinen schöneren Platz vorstellen, an dem ich in der kalten Jahreszeit meine Seele baumeln lassen möchte!
Edith Schallert

Nicht ohne meinen Schlitten – Firstalm und Brecherspitze

Nach heftigen Neuschneefällen über Nacht gibt es nicht viele Winterwanderungen, die schnell wieder gespurt sind. Zu dem erlauchten Kreis derer, die bereits um die Mittagszeit wieder begehbar sind, zählt der gemächliche Anstieg vom Parkplatz Spitzingsattel zur Oberen Firstalm. Das ist vor allem dem Umstand zu verdanken, dass der ideal geneigte Fahrweg eine sehr beliebte Rodelstrecke ist, die sich auch mit kleinen Kindern gut bewältigen lässt. Wem allerdings der nur etwa einstündige Anstieg zur Firstalm zu kurz ist, der sollte neben seinem Schlitten unbedingt auch die Schneeschuhe einpacken. So kann man nämlich ab der gemütlichen und bewirtschafteten Alm noch weiter aufsteigen bis zum Gipfel der Brecherspitze. Eine sehr lohnende und etwas anspruchsvollere Ergänzung der Tour – vor allem wegen der tollen Aussicht auf dem Gipfel. Und nicht nur deshalb ist die Brecherspitze gerade für Winterwanderer so geeignet, sondern auch weil Tourengeher am langen Gipfelgrat mit ihren Ski nicht weiterkommen! 
Michael Pröttel

Eine »geht« immer – die Kneifelspitze

Eigentlich mehr ein »Spitzchen« mit ihren knapp 1200 Metern Höhe, ist die Kneifelspitze das Idealziel für eine Winterwanderung. Ein meist gespurter, denkbar harmloser Winter-Bergspaziergang, der auch für Familien mit Kindern bestens geeignet ist. Die Kneifelspitze ist, wie der Tote Mann im Lattengebirge, ein »Inselberg«: Sie steht isoliert und trotzdem umgeben von allen möglichen mehr oder minder markanten Gipfeln. Ich mag die Kneifelspitze deshalb so gern, weil sie den allerschönsten – sozusagen den klassischen – Blick auf den Watzmann beschert. Ob von der Paulshütte auf dem höchsten Punkt oder von der Marxenhöhe, ist Geschmackssache. Letztere ist rasch erreichbar. Sie »geht« auch noch für Verkaterte, Schwergewichtige oder Magersüchtige; auch noch für nicht mehr ganz so Fitte und für solche, die das Zipperlein gar zu sehr plagt. Auch für die, die einmal zügig am Berg unterwegs waren und sich vielleicht eine Herzschwäche eingefangen haben. Bis zur Marxenhöhe reicht’s allemal. Selbst wenn ich eines Tages nur noch im Schneckentempo unterwegs sein werde: Da ’rauf, das ist immer realisierbar. Und dann zum
Watzmann hinüberträumen: »Weißt du noch…«
Horst Höfler

Bahnlos glücklich – der Wank

Wenn draußen Minusgrade herrschen, es graupelt, der Himmel grau und meine Laune mies ist, hilft eines: blauer Himmel, aus dem die Sonne lacht, Aussicht auf tausend Höhenmeter und eine leichte Weiße. All das bietet der Wank, und noch dazu einen formidablen Blick auf die Zugspitze. Deren Gipfel ist zwar über einen Kilometer höher, doch das stört uns nicht. Nach drei Stunden Aufstieg – die Hosenbeine sind nass, Lunge und Seele aber bestens ausgelüftet – sitzen wir auf der Terrasse des Wankhauses. Obwohl die Sonne recht tief steht, wärmt sie angenehm. Es riecht nach Schweinsbraten vom Nachbartisch. Und dort schmilzt das Bier schneller weg, als der Schnee auf dem Hüttendach.
»Was für ein Glück«, sage ich zu Hildegard, die sich gerade mit einer Speckknödelsuppe innerlich aufwärmt, »dass die Bahn nicht fährt«. Die hat Betriebsruhe. Alle hier oben sind zu Fuß aufgestiegen und freuen sich über das schöne Wetter und die eigene Leistung. Zwar sind wir nicht allein, aber der Andrang hält sich in Grenzen. Und niemand hat das Bedürfnis, sich in einen Liegestuhl vors Haus zu flätzen und auf diese Weise Solarstrom zu tanken. Uns scheint die Sonne auch so bis in den hintersten Winkel der Seele. Und Frühling – dieser klitzekleine Gedanke lässt sich nicht ganz vertreiben – wird’s ja auch irgendwann…
Eugen E. Hüsler

Spaziergenuss oberhalb der Baumgrenze – das Kreuzjoch

Knarzend gibt der frischgewalzte Pulverschnee unter den groben Stollen meiner Winterwanderschuhe nach; dick vermummte Gestalten spazieren gemütlich in der schneebedeckten Almlandschaft der Tuxer Alpen. Strahlend weiß glitzert der weite Bergkessel um den Si-danbach vor mir in der Wintersonne – umkränzt vom Bergkamm, der vom Rosskopf über den Skigipfel des Rastkogels bis hin zum Sandegg zieht. Zur Rastkogelhütte (2117 m) ist es der pure Genuss über der Baumgrenze: Kinder machen Schneeballschlachten, Hunde toben umher oder ziehen Schlitten; wirklich anstrengen muss sich nach den Einstiegskehren zwischen den weitstehenden Zirben der Baumgartenalm niemand mehr. Das »Sahnehäubchen« Kreuzjoch kostet dann doch etwas Schweiß, da man die 270 Höhenmeter hinauf in der angelegten Spur meist zügig überwindet. Unterhalb einer Steilflanke liegen dort die sanftgewellten Hänge der Pigneidalm, die wirken, als ob man sich in der Arktis befände. Und dahinter streben in der Ferne die weiß geschmückten Granitspitzen der Zillertaler Alpen in den kristallklaren Himmel – dominiert von der Ahornspitze über Mayrhofen. Nach dem »Sahnehäubchen« in Sachen Augenschmaus folgt der kulinarische in der Rastkogelhütte: Heiße Schokolade und Apfelstrudel »mit Schlag«.
Christian Schneeweiß

Frostiger Kaiserblick – vom Pendling

Das neue Jahr, gerade wenige Stunden alt, zeigt sich von seiner besten Seite. Der nächtliche Schneefall hat die Landschaft rund um den Pendling mit flauschiger Watte belegt. Um uns herum funkelt und glitzert ein Teppich aus Schneekristallen, dass mir meine übernächtigten Augen brennen. Als eine Fichte ihre weiße Last unwillig auf mir ablädt, bin ich hellwach. Zum Glück – es wäre doch zu schade, diesen Bilderbuch-Wintertag nicht mit allen Sinnen zu genießen. Der Nordwind hat das Gipfelkreuz am Pendling in eine bizarre Schneeskulptur verwandelt. In freiem Fall saust mein Blick über tausend Meter hinab ins Inntal, wo sich Häuserwürfel um die Festung in Kufstein scharen und der Inn eine blaugrüne Schlangenlinie in das Weiß zeichnet. Gegenüber blicke ich in das froststarre Antlitz des Wilden Kaisers. Die Januarkälte lässt auch mein Gesicht einfrieren. Eine willkommene Wohltat ist jetzt die gemütlich warme Gaststube des Pendlinghauses, das als exponierter Logenplatz auf dem Bergkamm thront. Der Geruch von frischem Kaiserschmarrn weht mir in die Nase. Ein paar Pfunde mehr auf den Rippen können schließlich nicht schaden bei der Zugabe, die mich im Abstieg erwartet. Schnee stiebt mir wie Puderzucker ins Gesicht, als ich von der Kalaalm an auf flotten Kufen gen Tal sausen.
Franziska Baumann

Nie langweilig – die Rotwand

Ob es nicht langweilig sei, immer auf Berge zu steigen, wollte kürzlich ein Bekannter wissen. »Wird dir etwa beim Fußballspielen langweilig? Schau’ dir die Rotwand an: Auf die kann man immer wieder hinaufsteigen, ohne dass es langweilig wird. Die ersten flachen Schritte zum Aufwärmen, dann geht es durch Hochwald aufwärts, du siehst hinunter in den winterlichen Talgrund und hinüber ins Skigebiet. Nach oben hin wird die Landschaft freier, einzelne verschneite Fichten stehen am Wegrand, eine Hasenspur zur Rechten, die Wildfeldalm zur Linken. Und wenn du schließlich über die Kuppe kommst und das Rotwandhaus siehst und drüber den Gipfel der Rotwand – einfach schön! Im Rotwandhaus lässt sich’s trefflich einkehren und in einer gemütlichen, alten Holzstube sitzen, und man kann weiter auf den Rotwandgipfel gehen. Der Blick von dort oben – unbeschreiblich! Das Beste kommt zum Schluss: Fast die gesamte Strecke kannst du mit dem Rodel abfahren. Und dann das Wetter und das Licht! Das ist nie gleich, immer ein neues Erlebnis, selbst wenn du das ganze Jahr jeden Tag hinaufsteigen würdest. Und dann…« Mein Bekannter winkt ab – am nächsten Wochenende wird er wohl auch einmal zum Rotwandhaus gehen…
Andrea Strauß
21 Top-Winterwanderziele in den Bayerischen Alpen und in Tirol
 
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